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Khorchide: Lehrstuhl oder Schleudersitz?

Nach einer langen Hängepartie gibt es in Münster nun auch offiziell wieder einen Professor zur Ausbildung muslimischer Religionslehrer. Wie die Westfälische Wilhelms-Universität Münster mitteilte, ernannte Hochschulrektorin Ursula Nelles am Montag den 38-jährigen Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide zum Professor für Islamische Religionspädagogik.

Khorchide folgt damit dem Konvertiten Sven Kalisch nach, der bei den Islamverbänden in Ungnade gefallen war – mit Zweifeln an der Existenz des Propheten Mohammed. Kalischs Lehrstuhl wurde im Folgenden mit Schmähmails nur überhäuft…genervt hat der Gute nicht nur seine Berufung zum Ausbilder der Islamlehrer aufgeben müssen, er hat auch gleich dem Glauben abgeschworen.

Der neue Mann in Münster ist durchaus vielversprechend: In Interviews gibt er sich sympathisch-aufgeschlossen zwischen dem Ansinnen, den angehenden Lehrern eine fundierte Islam-Ausbildung zu geben, und dem wahrscheinlich wichtigeren Ziel, den Studierenden Kritikfähigkeit nahezubringen. Kritikfähigkeit und die Bereitschaft, den Koran und die religiöse Quelle der Sunna auch mit modernen Methoden der Textinterpretation verstehen zu wollen. Vielleicht sollte er sich das als Motto in die Hörsäle kleben: Verstehen! Wollen!

Khorchide sitzt nach dem Abgang Kalischs allerdings auf einem Pulverfass: Leise hat er in Interviews, etwa bei www.quantara.de, die muslimischen Verbände kritisiert, diese müssten sich auch innerislamischen Debatten öffnen: http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-1195/i.html.

Damit begibt er sich zwar nicht direkt auf Konfrontationskurs, zeigt jedoch durchaus Ecken und Kanten, die ihm noch Scherereien mit den Verbändes des Koordinierungsrates der Muslime einhandeln könnten. Diese wollen künftig auch beim neuen Fach der „Islamischen Studien“ in lokalen Beiräten mitreden, wenn es um die Ausgestaltung der Lehrinhalte geht – und spielen schon jetzt ab und zu mit den Muskeln, um ihren Einfluss zu zeigen.

Mit welcher Folge? Bisher haben die Islamverbände im Prinzip vor allem zwei Spielflächen, auf denen sie, bundesweit medial beachtet, spielen können: der Islamkonferenz und den Spielchen rund um Einrichtung von bekenntnisorientiertem Islamunterricht nebst Lehrplänen und Lehrern. Der Tag wird kommen, an dem sie sich auch Khorchide vorknöpfen werden, wenn sich das für sie medial auszahlt.

Und das wird es: Khorchide ist nun offiziell in Amt und Würden. Schon beim nächsten Mal, wenn Khorchide wieder einmal eine „zeitgemäße Deutung des Islam“ fordert – und er dann vielleicht konkreter wird – könnte es ihm Ärger einhandeln. Der Streit ist jetzt vorprogrammiert. Und es stellt sich abermals die Frage, ob die islamischen Verbände, die in der Regel wenig theologisches Gewicht und Know-how haben, wirklich die richtigen „Partner“ des Staates sind. 

http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/Neuer-Professor-fuer-Islamlehrer-Ausbildung_aid_883782.html

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