Sollen Kinder fluchen und das böse S-Wort sagen dürfen? Ja – warum eigentlich nicht? Es gibt nämlich viel Schlimmeres.
„Scheiße sagt man nicht.“ Generationen von Eltern wiederholen diesen Satz, den einst irgendwelche Papas und Mamas für ihre Kinder erfunden haben. Wie in Stein gemeißelt wirkt er, aber auch ein wenig aus der Zeit gefallen. Wo es doch viel schlimmere, anrüchigere, aggressivere und ordinärere Begriffe gibt, die mir zwar alle hier gerade beim Schreiben dieser Zeilen einfallen, die ich aber nicht tippen möchte. (Schade eigentlich.) Nein, das böse S-Wort ist mit Sicherheit nicht besonders förderungswürdig – aber so schlimm, wie manche Eltern noch immer denken, ist es auch nicht.
Oder kennen Sie das? Sie lernen erwachsene Menschen kennen, die im Beisein (und schlimmer: bei Abwesenheit) ihrer Kinder das Wort „Scheiße“, sollte es ihnen einmal aus Versehen aus dem Mund zu fallen drohen, nach den ersten drei Buchstaben schnell noch in ein verschämt hingedruckstes „Scheibenkleister“ umwidmen. Oder in „Scheitel“ oder „Scheibe“. Für mich ist dann der Moment maximaler Fremdscham erreicht, die Selbstverzwergung von Papa und Mama endgültig erreicht, indem sie sich in ihrer Erwachsenenrolle ohne Not selbst infantilisieren. Dem Kind ist damit bestimmt nicht geholfen.