Wer sich die Unterstützer der Anti-Euro-Partei „Alternative für Deutschland“ genauer ansieht, zweifelt doch sehr an der Gesinnung dieser Leute. Damit meine ich überhaupt nicht das politische Kernziel, den Euro abschaffen zu wollen. Auch wenn ich überhaupt nicht dieser Meinung bin und schon gar keine D-Mark wieder haben will (wie auch knapp zwei Drittel der Deutschen), so ist es doch ein völlig legitimes politisches Ziel. Und wäre sicherlich eine Bereicherung im politischen Diskurs. Gegen Streit mit Sachargumenten kann ja keiner was haben, im Gegenteil: Alternativen zum Eurorettungskurs der Bundesregierung sowie der Opposition würden das Niveau der Debatte und das Verständnis der Bürger in die derzeitige Rettungspolitik eher fördern denn stören.
Nur: Diese Chance vertändelt die mit großem Pomp inszenierte Partei. Vor allem deshalb, weil sie nicht auf Sachargumente setzt, sondern auf die Klischees, die in den Reihen vor allem von Männern über 50 in Deutschland grassieren. Diesen Typus hat die „SZ“ bereits 2011 zum Anlass des Sarrazin-Buches treffend von der Gesellschaft für Konsumforschung analysieren lassen: Von Biedermännern ist da die Rede. Der typische Sarrazin-Leser sei eher gutsituiert, lese politische Bücher und Zeitungen. Nach draußen gehe er eher nicht, treffe nicht viele Freunde, genieße das Leben kaum in vollen Zügen. Zwar sei ihm der berufliche Erfolg wichtig, aber Risiken geht er im Leben kaum ein. Über allem schwebe die Angst vor dem Abstieg. Dazu passen eben Untergangsszenarien.
Was auf den ersten Blick ein weiter Weg ist, liegt in Wirklichkeit recht nahe: Die Protagonisten der „Alternative für Deutschland“ äußern sich häufig im gleichen Duktus, wie es der beschriebene Sarrazin-Leser gerne hat: Parteichef Bernd Lucke schwadronierte in seiner Rede am vergangenen Wochenende von der „Zwangsjacke der erstarrten und verbrauchten Altparteien“, den „Euro-Blockparteien“ und stellte eine „Degeneration der deutschen Parlamentarier“ fest, die ohnedies „überforderte Erfüllungsgehilfen“ seien. Derlei Formulierungen entstammen allesamt dem verbalen Werkzeugkoffer der Rechtspopulisten im Land, die für sich gerne in Anspruch nehmen, Dinge auszusprechen, die angeblich Tabu seien. Damit lassen sie sich dann meist noch als Kämpfer gegen eine vermeintliche „political correctness“ von ihren Anhängern feiern.
Noch ist das (übrigens nicht sonderlich demokratisch gewählte) Wahlprogramm der Partei nicht aussagekräftig, schon gar nicht, was andere Themen abseits von Euro und Europa angeht. Aber etliche Äußerungen von Parteitagsmitgliedern zeigen, dass es wohl nicht nur um die Abschaffung des Euro gehen soll, sondern gleich noch um „die Abschaffung der Euro-Technokraten“, wie eine Besucherin des Gründungsparteitags sagte. Es ist wohl durchaus anzunehmen, dass hinter der Ablehnung bestimmter europäischer Mechanismen und Institutionen im Kern ein strammer Nationalkonservatismus steht, der nur vordergründig europäisch sein will – als Europa der Nationen unter geistig-moralischer Führung Deutschlands. Hintergründig aber nichts von Reisefreiheit und Supranationalität wissen will. Der Erasmus-Student ist diesen Leuten fremd. Dazu passt auch ein Professor Karl Schachtschneider, der zu den Unterstützern der AfD zählt und gerne vor einer angeblichen Islamisierung Europas warnt. Untergangsszenarien, Islamophobie, das Gefühl, „alles wird schlechter“, korrespondieren dabei in übler Weise.
Das gilt natürlich nicht für alle Protagonisten der Partei. Nur, diejenigen, die dem Euro kritisch gegenüberstehen, aber nichts mit migrationsfeindlichen Positionen zu tun haben, riskieren ihren Ruf. Sie sollten genau hinschauen, mit wem sie paktieren. Und gegebenenfalls wieder austreten, wenn die Partei sich nicht auf Sachargumente in der Euro-Debatte beschränkt.