Deutschlands Kinderfreundlichkeit lässt mitunter zu wünschen übrig. Und daran ist ausnahmsweise nicht der Staat schuld, sondern wir alle sind es.
Als sich eine australische Freundin immer mal wieder – mehr oder minder offen – über das ihrer Meinung nach kinderunfreundliche Deutschland mokierte, ging ich als angesprochener Staatsbürger des Landes in eine Art automatisierte Verteidigungshaltung. Das könne man nicht so pauschal sagen, selbst die oftmals geschmähten Großstädte seien mittlerweile wieder sichtbar belebt von Familien mit Kindern, selbst oder gerade in Szenevierteln wie Prenzlauer Berg in Berlin. Zudem zeige doch die seit rund fünf Jahren steigende Geburtenrate, dass die Deutschen – darunter alteingesessene und eingewanderte Menschen – Kinder wieder wollten.
Wahrscheinlich habe ich typisch deutsch reagiert, weil ich die sozioökonomischen Daten in den Mittelpunkt meiner Argumentation gerückt habe, die tatsächlich, was die Zahl der Krippenplätze, der Ganztagsschulen, der Vätermonate und die Höhe des Betreuungsgeldes angeht, eine optimistische Sprache sprechen. Was die australische Freundin aber wohl eigentlich meinte: die Freundlichkeit, Aufgeschlossenheit und Begeisterungsfähigkeit der Deutschen gegenüber Kindern, die sei teilweise mangelhaft – und erzeuge ein kinderunfreundliches Klima im Vergleich zu anderen Ländern, auch zu ihrem eigenen, Australien. Ihr Beispiel, an das ich mich nur noch vage erinnere: Mit Kinderwagen werde einem nur selten die Tür aufgehalten oder beim Einstieg in die Straßenbahn geholfen.