Rezension zu Patrick Bahners Buch „Die Panikmacher“ über Islamkritiker in Deutschland (erschienen im „Kölner Stadt-Anzeiger“, 24.02.2011)
VON MARTIN BENNINGHOFF
Von den Kruzifixen in Klassenzimmern bis zum Kopftuch, von der Äußerung des Bundespräsidenten, der Islam gehöre zu Deutschland, bis hin zu Sarrazins Bestseller-Buch „Deutschland schafft sich ab“ – für Patrick Bahners sind dies Beispiele für die Hauptkritik in seinem Buch „Die Panikmacher“: Die meisten Islamkritiker fabulierten drauflos, ohne sich allzu sehr um nachprüfbare Erkenntnisse zu scheren. „In scheinempirischen Aussagen verdrängt die islamkritische Erwartung die nachprüfbare Erfahrung.“ Meinungsstärke bei Faktenarmut.
Das ist starker Tobak. Zumal Bahners unzureichend zwischen den differenzierten Kritikern radikaler Islam-Strömungen und den Dogmatikern unterscheidet, die Behauptungen aufstellen, wie diese: „Alle Aggression von Muslimen ist ein Ausdruck der aggressiven Natur des Islam.“ Die „simpelste These der Islamkritik“, schreibt Bahners. Aber zu Recht weist der Autor daraufhin, dass Sarrazin und andere Behauptungen aufstellen, die schlicht und einfach empirisch widerlegt sind.
Sarrazin verhehlt nicht, dass er keinen Kontakt zu Muslimen hat. Viel schwerer wiegt für Bahners daher der Fall Necla Kelek. In seinen Augen sind die Bücher der vielleicht bekanntesten Islamkritikerin eine „Anekdotencollage“, eine Aneinanderreihung von drastischen Einzelfällen, aus der sie mühelos, aber unwissenschaftlich allgemeine Aussagen über den Stand von Integration ableite. Als Beispiel führt er die Behauptung an, wonach „Heerscharen von Integrationsverweigern ihren Töchtern den Schwimmunterricht verbieten“. Tatsächlich hat schon der „Zeit“-Journalist Martin Spiewak vor einigen Jahren durch Umfragen herausgefunden, dass dies eher ein Randthema ist.
Für Bahners liegt der Fall klar: Das Werk der selbst eingewanderten Kelek sei der Versuch, „sich noch einmal von ihrem Vater zu befreien“. Der Vater hatte sich als türkischer Migrant in Deutschland zum familiären „Gewaltherrscher“ entwickelt, wie Bahners schreibt. Eine küchenpsychologische Betrachtung, die Kelek im „Spiegel“-Streitgespräch zur Weißglut brachte.
Die mangelnde Erdung der Islamkritik führt nach Bahners einerseits zu einer positiven Idealisierung des Christentums bei gleichzeitiger Abwertung des Islams. Tatsächlich erleben wir gegenwärtig wieder, dass Konservative ein vermeintliches „christlich-jüdisches Abendland“ in Stellung gegen den Islam bringen. Dagegen Bahners: „In der längsten Zeit der deutschen Geschichte konnten die Juden von Glück reden, wenn die Christen sie in Frieden ließen.“
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Ich frage mich, wo sind die politischen Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und Lale Akgün. Ich sehe da keine Basis. Lale Akgün ist eine starke Persönlichkeit mit Profil und Meinung. Die Artikel von Ihnen sind vorsichtig, unauffällig, und am Ende bekommt die ‚Achse des Guten‘ immer recht, durch die Blume. (Deshalb bringt KStA-Online Ihre Artikel auch so gerne.)