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Hitliste der Woche

Diese Woche macht ein neuer Begriff die Runde im Plenum der Integrationsdebattierer: Integrationsverweigerer (305 Suchergebnisse bei der Google-News-Suche).

Zwar wird der Begriff Migrant noch knapp zehn Mal so häufig gefunden, aber das ist ja auch kein abwertender Begriff (es sei denn, er wird so in den Kontext eingebettet).

Interessant ist aber ein anderes Ergebnis: Scheinasylant oder ähnliche Begriffe, die die Debatte vor zehn oder 15 Jahren beherrschten, sind quasi ausgestorben. Und wer vor 20 Jahren über Türken sprach, greift heute wie selbstverständlich zum Begriff der Muslime.

Die Begriffe sind einer unheilvollen Mode unterworfen; wer gestern noch nur „zum Schein“ Asylant gewesen sein soll, ist zwar heute hier und geht nicht mehr, „verweigert aber die Integration“. Ganz davon abgesehen, dass es nur recht wenige gibt, die sich wissentlich und absichtsvoll „der Integration verweigern“, kreiert der Begriff eine neue angebliche Gruppe, die auszugrenzen ist.

Mit welchem Ergebnis?

Zum Beispiel mit dem Ergebnis, dass der Zentralrat der Muslime – eine verhältnismäßig unbedeutende muslimische Interessensvertretung – heute wie selbstverständlich von Medien zum Integrationsgipfel interviewt wird: und natürlich Quoten von Migranten für den öffentlichen Dienst fordert, freilich nachdem er auf die angebliche Diskriminierung von Migranten hingewiesen hat.

Immerhin: Der Integrationsgipfel richtet den Blick wieder auf die wahren Ursachen und Kriterien einer gelingenden Integrationsgesellschaft – weg von den Identitätsdebatten hin zu den „hard facts“ der Sozial- und Bildungsdebatten. Identität wächst und gedeiht auf diesen Debatten, aber nicht andersherum.  

Die Identität ist also mittlerweile religiös überlagert – und das haben wir auch den Sarrazins und anderen zu „verdanken“.

Übrigens: Selbst zu Themen, die nur indirekt etwas mit Wirtschaft zu tun haben, sitzen Trigema-Chef Wolfgang Grupp, Hans-Olaf Henkel oder Hans-Werner Sinn bei „Anne Will“ oder „Maischberger“. Warum sitzt aber fast nie ein Migrationsforscher im Studio, wenn es um Integration geht? Manchmal sitzt ein Orientalist mit am Tisch, der naturgemäß wenig zu Integrationsthemen sagen kann, die deutsche Kieze und Viertel betreffen. Wo sind die Stadtforscher und Migrationstheoretiker? Plasberg und Co sollten sich hier ruhig mal umschauen: Es gibt sie, und der ein oder die andere hätte sicherlich etwas Vernünftiges beizusteuern.


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