Endlich dokumentiert die Uno die Gräuel in Nordkoreas Straflagern. Der Anfang vom Ende des Kim-Regimes? Die Chancen für einen Wandel stehen gar nicht schlecht: Die Zensur im Land funktioniert immer weniger, und selbst China rückt von Pjöngjangs Despoten-Clique ab.
Eine Analyse von Martin Benninghoff (Spiegel Online, 17.09.2013)
Warum also ist die Ernte in diesem Jahr so gut, obwohl es im Juli/August die größten Regenmengen seit über 70 Jahren gegeben hatte ?
Großflächige Überschwemmungen wie in der Zeit des „entbehrungsreichen Marsches“ 1995-97 (sprachlich angelehnt übrigens an Mao´s langen Marsch) gab es nicht.
Die Lösung des Rätsels sind nicht nur die neuen Schutzwälle an den großen Flüssen, sondern vor allen Dingen die Kaskaden von neuen Wasserkraftwerken und deren Dämme. Die Rückhaltebecken der Wasserkraftwerke haben einen großen Teil der anstürmenden Wassermassen neutralisiert.
Sg Herr Benninghoff,
bei Ihrer kleinen Bildergeschichte im KStA war ich doch erstaunt, wie wenig Hintergrundwissen Sie zu diesem Land haben.
Selbstverständlich gibt es Wirtschafts-Reformen.
Seit über einem Jahr sind die Produktionspläne der Unternehmen unterteilt in Plan, Überplan und Außerplan. Überplan- und Außerplan-Produkte können eigenständig und auf eigene Rechnung verkauft und Barter-gehandelt werden. Außerdem können die Provinzen in Eigenverantwortung ihre lokale Industrie aufbauen. Ein o.k. aus Pyongyang ist nicht mehr erforderlich. Und: Die Unternehmen können ihre Lohnpolitik selbst gestalten und nach Leistung bezahlen.
Nach Angaben aus NK gibt es in der Leichtindustrie seit etwa Juni diesen Jahres Produktions-Steigerungen von 20-40% gegenüber Vorjahr.
Und auch die Ernte in diesem Jahr ist trotz der Sintflut im Juli sehr gut. Warum ? Bei Interesse schreibe ich Ihnen auch dieses hier auf.
Das bißchen, was an „Baustoffen“ in Ihrem Sinne nach Nordkorea geliefert wird, ist so minimal, dass man es in Export-Statistiken nicht mal mit der Lupe entdecken kann – oder ist es Ihnen gelungen, belastbare Zahlen zu finden ?
Glauben Sie mir, Nordkorea kann Fenster, Beleuchtung und Möbel aller Art auf breiter industrieller Basis herstellen – und es werden gerade enorme Anstrengungen unternommen, um die entsprechenden Betriebsausstattungen zu modernisieren und die Qualität der Produkte zu verbessern.
Haben Sie schon bemerkt, dass unter dem jungen Kim neben der altbekannten songun-(military first) Politik seines Vaters eine neue Parole in den Vordergrund geschoben wird ? Sie lautet: Wissenschaft und Technik. Wissenschaftler, Techniker und Lehrer wurden zur bevorzugten Gesellschafts-Schicht erklärt. Ein übrigens sehr konfuzianischer Ansatz.
Die neue Unha-street in Pyongyang mit den kostenlosen Wohnungen für die Raketen-Wissenschaftler sind nur ein „Vorspiel“. Im Bau sind jetzt auch neue Wohnungen für die Beschäftigten der Universitäten Pyongyangs. Alleine in Pyongyang sind z.Zt. 20.000 Wohnungen im Bau. Diese Stadt ist eine Großbaustelle.
Gemeint sind in der Tat nicht Rohstoffe, sondern „Baustoffe“ im allgemeinen Sinne: Maschinen, Interieur, bis hin zu Fensterrahmen für Hotels, die zum Teil aus Österreich kommen. Bei den Rohstoffen widerspreche ich Ihnen nicht, gleichwohl die Technik zur Ausbeutung größtenteils veraltet ist.
Nachtrag zum Rohstoff-Thema aus aktuellem Anlass:
Die südkoreanische Yonhap meldet soeben, dass nach dem erfolgreichen Wiederanlauf von Kaesong in der kommenden Woche in Südkorea weitere wirtschaftspolitische Schritte besprochen werden. So wollen die südkoreanischen Firmen, die (ex Kaesong) Fabriken oder Joint Ventures in Nordkorea betreiben, ihre seit dem Sinken (Versenkung umstritten) eines südkoreanischen Kriegs-Schiffes vor 3 Jahren ruhenden Geschäfte wieder aufnehmen. Es geht u.a. um so „profane“ Dinge wie den Import von Sand nach Südkorea aus dem Norden.
(„Profan“ in Anführungszeichen, da diese Silikate auch in der Halbleiter-Industrie benötigt werden)
Sg Herr Benninghoff,
Ihre Vermutung, dass Nordkorea Baustoffe im Ausland kaufe, ist falsch. (Baumaschinen hingegen ja)
Nordkorea ist nach China das Rohstoff-reichste Land Asiens. Die Gebirge Nordkoreas sind voll von Bodenschätzen, einschließlich der sog. „seltenen Erden“. Mittlerweile 120 Minen, (z.T. sogar im Tagebau) fördern alles, was das Land benötigt. Es werden z.Zt. sogar Rohstoffe wie Kohle u.ä. nach China exportiert. Alleine im Jahre 2012 für über 3 Milliarden US Dollar.
Eine aktuelle Schätzung der südkoreanischen Regierung geht davon aus, dass Nordkorea auf Bodenschätzen im gegenwärtigen Wert von 6,4 Billionen US $ (in US-Zählweise „trillions“) oder 6.000.000.000.000.- US $ sitzt.
Na, die Frage ist auch in einem staatssozialistischen System berechtigt – zumal viele Baustoffe im Ausland eingekauft werden. Und dafür braucht es Devisen. Sie haben recht, Arbeitskraft ist günstig zu haben in Nordkorea. Das Problem: Sie ist dadurch häufig nicht sachgerecht in der Ausführung. Schauen Sie sich bitte bestimmte Gebäude und Installationen in NK an – es werden Gerätschaften eingekauft, die keiner sachgerecht installieren kann. Oder wenn sie kaputtgehen, werden sie nicht mehr repariert.
Sg Herr Benninghoff,
ein kleiner Nachtrag:
Sie fragen sich, woher das Geld für die großen Bauprogramme in Nordkorea , die z.T. schon angelaufen sind, kommen soll. In unserem kapitalistischen System ist die Frage berechtigt.
Eine Planwirtschaft aber tickt anders. Dort wird in Planbilanzen und Kapazitäts-Zuteilungen gedacht.
Nordkorea macht es so: Auf eine Großbaustelle wie z.B. dem Ski-Gebiet am Masik-Pass wird mal locker eine Armee-Division von Bausoldaten (die sogenannten „shock-brigades“ )abkommandiert.
Und die kosten: Nichts.
Wer sich über die Zusammensetzung der Führung Nordkoreas und deren Aktivitäten auf dem laufenden halten möchte, sei der hervorragende blog des US-Amerikaners Dr. Michael Madden empfohlen: nkleadershipwatch.wordpress.com
Sehr geehrter Paul,
zwei Mal, drei Mal – darauf kommt es nicht an, wie oft Sie oder ich im Lande waren. Wichtiger ist, welche Informationen kommen ins Land, wie steht China zum Nachbarn? Und da wird es spannend in den nächsten Monaten und Jahren, wie stabil das Regime noch ist. Lesen Sie den Artikel nochmal.
Beste Grüße,
M. Benninghoff
Herr Benninghof,
Sie waren in Nordkorea, super! War ich auch bereits zweimal… Sturz und radikale Änderung haben schon 1000 vor Ihnen Prophezeit, passiert ist bisher gar nichts.
Sie sollten sich mehr mit der Kultur und Geschichte des Landes auseinandersetzen statt so einen Müll bei Spiegel zu schreiben.
In 1 Jahr werden Sie mir und meinem Vorredner recht geben. Punkt.
Gruß,
Paul
Weitere Kommentare: http://www.spiegel.de/politik/ausland/nordkorea-kim-pokert-sich-ins-abseits-a-922761.html
Sg Herr Benninghoff,
wer die erstaunliche Stabilität der nordkoreanischen Gesellschaft und des Staates -auch in der Hungerzeit 1995-97, – nur mit Terror erklären wollte, spränge viel zu kurz. Sonst würden die Straflager ausgebaut und nicht, wie in den letzten Jahren geschehen, nach und nach geschlossen. Von ehemals 12, später 6 Straflagern und 150- 200 T Gefangenen sind es jetzt nach neuesten Satelliten-Auswertungen noch 4 mit 80 – 120 T Menschen.
Die jahrhundertelange konfuzianische Tradition, die in der japanischen Besatzungszeit mit der Einführung des Shintoismus und Tenno-Kult (Kaiser-Kult, Sonnen-Kult)sogar noch verstärkt wurde, ist nach wie vor lebendig. Und auch der junge Kim spielt seine Rolle als treusorgender „Tenno“ professionell.
Das System ist daher nach wie vor extrem stabil.