Erschienen bei FAZ.NET (11.05.2016)
Von Martin Benninghoff
Eigentlich galt er als tot – hingerichtet wegen Korruption. Nun taucht Nordkoreas ehemaliger Militärchef Ri Yong-gil überraschend wieder auf, zumindest auf offiziellen Fotos.
Totgesagte leben offenbar länger – auch in Nordkorea: Zu Beginn des Jahres war in Südkorea berichtet worden, dass General Ri Yong-gil, ehemaliger Armeechef Nordkoreas, wegen Korruption hingerichtet worden sei. Seit Dienstag steht hinter dieser Meldung ein dickes Fragezeichen: Besagter Ri Yong-gil steht auf der Liste der Parteiführer im Ständigen Ausschuss des Politbüros sowie der zentralen Militärkommission – sein Bild wurde am Dienstag von offizieller nordkoreanischer Seite veröffentlicht.
Ri Yong-gil war von 2013 bis zu seiner zwischenzeitlichen Absetzung und vermeintlichen Hinrichtung im Februar 2016 Armeechef und damit für das Kommando und die Kontrolle des in Nordkorea zentralen Militärs zuständig. Angeblich diente er zuvor als Kommandeur mehrerer Einheiten unter anderem an der innerkoreanischen Grenze. In den vergangenen Jahren war er häufig auf offiziellen Bildern der staatlichen Nachrichtenagenturen zu sehen, dabei meist in zweiter Reihe direkt hinter dem Machthaber Kim Jong-un – ein symbolischer Hinweis auf Ri Yong-gils wichtige Rolle im Machtapparat.
Nach Erkenntnissen südkoreanischer Forschungsinstitute hat der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un seit seiner Regierungsübernahme vor vier Jahren bei „Säuberungswellen“, also Hinrichtungen, im Apparat der Partei und des Militärs etwa hundert Funktionäre hinrichten lassen, darunter auch seinen Onkel Jang Song-taek, der ein enger Mitarbeiter seines verstorbenen Vaters Kim Jong-il war. Generell ist die Informationslage über die Vorgänge im inneren Zirkel extrem dünn – nicht erst seit der möglichen Rückkehr von Ri Yong-gil ist die Wahrscheinlichkeit von Fehlmeldungen in Sachen Nordkorea sehr hoch.